28.07.-15.08.2011
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und wieder, wie vorher bei der einreise nach turkmenistan aus dem iran, stellt die grenze eine echte zäsur dar:
nach dem nur kurzen aufenthalt in turkmenistan, das sich, obwohl ebenfalls ein islamisches land, nicht zuletzt auch durch die größere toleranz und freiheit in der interpretation des koran so sehr vom vorher bereisten iran unterschied, erwartet mich in usbekistan wiederum eine völlig andere umgebung.
waren die turkmenen eindeutig als eine den turkvölkern zuzuordnende ethnie zu erkennen, so zeigen sich die usbeken gleichermaßen als ein klar asiatisches volk, allerdings mit einem wesentlich breiter gefächerten erscheinungsbild, das sich – trotz des dominierenden anteils von > 80 % ethnischer usbeken – unmittelbar darstellt in der vielfalt und farbigkeit ihrer traditionellen kleidung sowie mit einem breitem spektrum unterschiedlicher gesichter von hellhäutigen slawen und russen über dunkelhäutige, schwarzhaarige kirgisen, perser, afghanen, tadschiken etc. bis hin zu fernöstlichen physiognomien.
gemein mit turkmenistan ist allerdings der immer noch stark sicht- und spürbare einfluss, den die sowjet-herrschaft hier hinterlassen hat: das im täglichen sprachgebrauch, auf schildern und beschriftungen, verkehrszeichen und gebäuden vorherrschende russisch, die polizeiposten auf den fernstraßen, die ineffiziente, überbordende bürokratie oder die trinkgewohnheiten als prägnante beispiele. unübersehbar sind auch die folgen der massiven eingriffe in die natur während der krustschow-ära in der mitte des vorigen jahrhunderts, als ganze landstriche im zuge einer völlig verfehlten landwirtschaftspolitik ohne rücksicht auf die ökologischen folgen durch großflächige bewässerungsprojekte (aral-see katastrophe!) und den anbau von getreide- und baumwollmonokulturen sowie die darauf folgende überdüngung und versalzung letztlich der versteppung und verwüstung preisgegeben wurden.
anrührend, ja oft geradezu überwältigend und mitunter gar ein wenig zu viel des guten das große interesse, das einem jung und alt entgegenbringt: immer wieder der ruf der kinder ‚hello, mistäär!‘, die sich ständig wiederholende aufforderung, für ein schwätzchen über eine tasse tee anzuhalten oder der sich bei jedem stopp, ob beim einkaufen, rasten oder karten lesen, in aller schnelle bildende große pulk von neugierigen mit fragen nach herkunft, ziel und sinn der reise, nach funktion des gps, preis des fahrrads und der ausrüstung, nach lebensalter, familienverhältnissen oder dem lieblings-fußballspieler.
und sollte es ein nationales symbol geben für dieses land, dann müsste es, wäre es nicht zu profan, der allgegenwärtige reisigbesen sein. nirgendwo in den bisher bereisten regionen habe ich soviele menschen unentwegt fegen gesehen: heerscharen von in grell-orange sicherheitswesten gekleideten männer und frauen, letztere meist mit komplett verhüllten gesichtern, kehren sysiphos-gleich im ständigen kampf gegen den staub von morgens bis abends öffentliche wege und plätze, ja gar rasenflächen, hausfrauen die rohen lehm- und zement-bürgersteige, und straßenarbeiter gegen den stetig wehenden wind das laub vom mittelstreifen der highways und lassen usbekistan zumindest im äußeren erscheinungsbild der städte fast zur schweiz zentralasiens werden. dazu passt, dass autos von gesetz wegen geputzt sein müssen und nicht mit sichtbaren schäden fahren dürfen. im kontrast dazu der am rande und außerhalb der stadtzentren allgegenwärtige plastikmüll, meist aus fahrenden autos und bussen einfach in die landschaft entsorgt.
überragt wird all das allerdings von den einzigartigen schönheiten, die sich mir in den städten der historischen seidenstraße buchara und samarkand darbieten. bevor ich diese aber entdecken und erschließen kann, hat der herr mir ziemliche mühsal aufgeladen:
- die 2-tages-strecke von turkmenabat nach buchara ist eine heiße wüstendurchquerung und für philipp und mich, bei temperaturen knapp unter 50°c und spätestens ab 10:00 uhr, meist schon früher, einsetzendem starken nordostwind sowie den mitunter sehr schlechten straßenbedingungen, ohne zweifel eine radsportliche herausforderung. die übernachtung im glühend heißen zimmer des primitiven gasthofs in qaraqöl ist dabei wenig geeignet für regenerativen schlaf.
- bei der strecke von buchara nach samarkand, ursprünglich mit drei schwedischen radlern geplant, gesellt sich spontan fred (43) aus dem berner oberland zu uns und unterstützt philipp und mich auf dieser 3-tages-etappe, die überwiegend leicht bergauf und durch grüne baumwollplantagen, aber auch karge wüstenabschnitte führt, gegen einen zunächst noch gnädigen, später zunehmend heißen und heftigen ostwind, der sich am letzten tag gar zum sandsturm auswächst, bevor wir erschöpft, aber glücklich unser hostel in samarkand erreichen.
in buchara hält eine erkältung philipp und mich ein wenig länger fest als geplant, was uns trotz der selbst für die einheimischen ungewöhnlichen hitze ausreichend gelegenheit zur besichtigung der vielfachen sehenswürdigkeiten dieser perle des orients gibt:
der lauschige platz lyabi-hauz mit der statue des beim volk beliebten ubekischen til eulenspiegel, hoja nasruddin, eingrahmt von nadir divangbegi medressa und khanaka sowie der kukeldash medressa oder das in der abendämmerung beliebteste foto-objekt bucharas, das atemberaubende ensemble aus kalon moschee und minarett sowie mir-ir-arab moschee oder die prachtvolle ulugbek medressa mit ihren einzigartigen farbigen stalaktit-ornamenten oder, oder, oder…
samarkand entdecke ich gemeinsam mit astrid, deren besuch mir eine willkommene unterbrechung ist. beeindruckt sind wir besonders von der größe und pracht des registan (tadschikisch für ’sandiger platz‘) mit der fast 700 jahre alten ulugbek medressa und der ihr gegenüber liegenden gut 200 jahre jüngeren sher dor (‚löwen‘) medressa, welche die 650 jahre alte tilla-kari (‚gold-deckte‘) medressa mit ihrer in prunkvoller gold-blauer ornametik ausgeschmückten moschee einrahmen. aber auch die avenue der mausoleen, shah-i-zinda (‚grab der lebenden könige‘) schlägt uns in ihren bann.
trotz der modernen architektur des riesigen bazars von samarkand verspüren wir hier angesichts seiner farbigkeit und lebhaftigkeit, der gerüche, düfte und geräusche sowie der vielfalt und exotik der angebote einen hauch von 1.000 und einer nacht.
nach der unterbrechung durch astrid’s besuch, in den wir auch noch einen kurztripp nach buchara einbinden können, fällt mir die weiterreise mit aussicht auf das nächste wiedersehen erst in drei monaten naturgemäß ein wenig schwerer. gemildert wird die wehmut jedoch durch den umstand, dass sich fred für eine änderung seiner ursprünglichen reiseroute und mitfahrt über den pamir highway gemeinsam mit philipp und mir entschlossen hat, worüber wir uns sehr freuen.