06.-26.12.2011
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nicht ohne gemischte gefühle überschreite ich gemeinsam mit talan die grenze nach vietnam, sind mir doch die erinnerungen und bilder des schrecklichen krieges, der vor mehr als 40 jahren fast meine ganze generation zum protest gegen das amerikanische engagement in südostasien bewegt hat, immer noch allzusehr im bewusstsein.
aber sehr schnell werden diese historischen reminiszenzen überlagert durch die aktuellen erfahrungen und eindrücke:
- überall gegrüßt von fröhlich winkenden menschen jeden alters,
- kein motorrad, von dem nicht während des bewusst verlangsamten überholvorgangs ein freundliches ‚hello‘ herüberschallt,
- herzlich lachende oder verlegen kichernde kinder in ihren einheitlichen schul-trainingsanzügen,
- einladende gesten und unaufgeforderte hilfe, wo immer wir anhalten.
dazu eine bilderbuchszenerie, so wie man sich vietnam vorstellt:
- hohe, dicht bewachsene, von nebelschwaden teils verdeckte berge, steile felswände und enge schluchten, in die sich kleine dörfer mit ihren laubgedeckten häusern – teils auf stelzen über reisfeldern – schmiegen;
- frauen, in bunten trachten der minderheiten des nordwestens oder mit den typischen spitzen strohhüten, am traditionellen quang ganh in zwei körben schwere lasten tragend;
- wasserbüffel, vor pflug oder karren gespannt, in scheinbar träger und friedvoller gelassenheit ihre arbeit verrichtend.
nach regennasser nacht und fahrt richtung hanoi weicht dieses geruhsame bild der vom dichten und unvorstellbar chaotischen verkehr mit seinem nicht enden wollenden hupkonzert beherrschten szene: qualmende, sich die steigungen hochquälende lkw, überlandbusse mit halsbrecherischen kamikaze-überholmanövern, tausende wie wilde hornissen herumschwirrende mit bis zu vier personen oder sperrigen lasten total überladene motorroller und klein-motorräder, alle jede vielleicht tatsächlich existente verkehrsregel permanent ad absurdum führend.
das nach der überquerung des roten flusses erreichte enge, dichte straßennetz hanoi’s vermag dieses chaos kaum zu mindern, im gegenteil führt die enge zu noch mehr wirrwarr, das dennoch und zur großen überraschung das innerstädtische vorankommen nicht erkennbar behindert.
altstadt, hồ chì minh-komplex mit mausoleum und museum, dong kuan markt sowie der hồ hoàn kiếm see (see des wiedergekehrten schwertes) mit dem über die rote thê húc (aufgehende sonne) brücke erreichbaren ngoc son (jade-berg) tempel und das legendäre wasserpuppentheater sind einige und relativ schnell erkundete der neben der lebhaften altstadt ansonsten nicht sehr reichhaltigen sehenswürdigkeiten von vietnam’s hauptstadt.
so mache ich mich mit talan zu einer dreitägigen exkursion in die atembraubend malerische vịnh hạ long bucht und auf die insel cát bà mit naturpark und spektakulären grotten und höhlen auf.
auf einem schon betagten, aber dennoch komfortablen traditionellen boot oder auch im zweier-kajak paddelnd gleiten wir sanft zwischen kathedralengleich aus dem wasser aufstrebenden, meist dicht bewachsenen, mitunter vom seewasser zu bizarren formen ausgewaschenen felsformationen, die eine einzigartige kulisse für den sonnenuntergang bilden.
die erkundung der insel cát bà per motorroller mit besuch einiger großartiger (nicht immer offiziell zugänglichen) höhlen sowie des naturparks und dort besteigung des per schweißtreibendem aufstieg erreichbaren aussichtsturms wird leider jäh massiv getrübt durch den verlust meiner digital-kamera mit tausenden unersetzlichen fotos aus südwest-china und nordwest-vietnam.
zurück in hanoi kaufe ich gleich, sogar relativ günstig, eine neue kamera und versuche, zumindest einige der verlorenen schnappschüsse in hanoi’s altstadt nachzuholen.
zu meiner großen überraschung treffe ich im backpackers‘ hostel hanoi meinen mit-radler in zentralasien, philipp aus köln, wieder, der nach einer rundreise durch den süden chinas nun auch den weg nach vietnam und mich aufgrund meiner blog-hinweise gefunden hat.
und so machen wir uns zu dritt, talan, philipp und ich richtung süden auf und besuchen kurz hinter ninh bình den naturpark tam cốc, wo wir im karstgebiet mit dem ruderboot berge um- und durchfahren.
weiter geht es dann über den – angesichts des zumindest während der ersten beiden tage horrormäßig-chaotischen verkehrs wohl nicht zu unrecht ’straße des todes‘ genannten – highway 1a, früher auch wegen seines heute nicht mehr schlechten zustands ‚route sans joie ‚ genannt.
reihen sich an dieser lebensader vietnams zunächst noch zwar gleichförmige, aber stets lebhafte ortschaften wie an einer perlenschnur, so gelange ich weiter südlich mehr und mehr in ländliche regionen, die im regengrau und winterlichen dunst mit ihren abgeernteten und mühsam bearbeiteten schlammig-grauen reisfeldern einen äußerst tristen kontrast bilden zum farbigen norden oder der spektakulären halong bay. einzige farbtupfer sind die stets fröhlich winkenden und ‚hello!‘ rufenden kinder…
…sowie der im sommer wohl gut besuchte, hübsche an der mündung des nhât lê gelegene seebade- und fischerei-ort đồng hới – im vietnam-krieg eine heftig umkämpfte und schließlich komplett zerstörte grenzstadt – mit wunderbaren sandstränden und der schönen promenade, in der die ruine der tam tơa kirche an die heftigen b5-luftangriffe der us-airforce in 1965 erinnert.
ab der südlichen schwesterstadt đồng hà bringt philipp und mich – talan hat sich mittlerweile zum abstecher in den nationalpark und das unesco weltnaturerbe phong nha-kẻ bàng verabschiedet – bei strömendem regen der bus in das geschichtsträchtige, am hương giang (parfümfluss) gelegene huế, vietnams ehemaliger hauptstadt mit ihrer – wegen der blutigen kämpfe während der tet-offensive und dem brutalen massaker im jahr 1968 – seit dem vietnam krieg trauriger berühmtheit.
bevor ich von dort meine reise richtung laos fortsetze, besuche ich noch die wesentlichen sehenswürdigkeiten der alten kaiserstadt, wie z. b. die zitadelle – das unesco kulturerbe verbotene purpur-stadt und sitz der vietnamesischen dynastien von 1802-1945 – und…
…huế’s berühmtes wahrzeichen chùa thiên mụ, die pagode der himmlischen frau, …
…und feiere mit philipp und talan, der mittlerweile wieder zu uns gestoßen ist, im backpackers‘ hostel weihnachten.
am 2. weihnachtsfeiertag geht’s dann bei weiterhin trübem, aber bis zum abend trockenen wetter in richtung nordwesten bis kurz vor die grenze nach laos, wobei mir die zwischenzeitliche einladung zu einer vietnamesischen hochzeit eine willkommene abwechslung bietet.
+ = talan’s photos